40. - 42. SSW - Warten auf die Geburt

Von sämtlichen Verwandten und Freunden war ich hinsichtlich des Geburtsbeginns die Entspannteste. Bereits kurz vor dem errechneten Termin erreichten uns zahlreiche aufgeregte Nachrichten, in denen nachgefragt wurde, ob es jetzt schon so weit sei. Am eigentlichen Datum wurden wir dann stündlich bombardiert mit neugierigen Nachfragen und Tage danach, als sich bei mir immer noch nichts tat, klingelte das Handy ebenfalls ununterbrochen. Ich saß die ganze Zeit über aber nur da, selig in mich hineingrinsend und blieb bis zum Schluss ruhig. Mein Mann änderte irgendwann seinen Whats-App-Status auf "Kind immer noch nicht da. Melden uns wenn's so weit ist" und die lästige Frage nach dem Ob und Wann blieb endlich aus. Dann kam irgendwann die 42. Schwangerschaftswoche und ich hatte bisher weder Übungswehen noch sonstige Anzeichen einer nahenden Geburt verspürt. Und nun wurde auch ich tatsächlich langsam ungeduldig. War ich bisher so stolz auf meine perfekt verlaufende Schwangerschaft, taten sich nun Zweifel auf. Was stimmte nicht mit mir?
Fotobox-Bilder von der Hochzeit
Mein Bauch, den ich täglich brav bis zu zweimal eingeölt hatte und der bisher immer noch ästhetisch war, offenbarte nun seine Makel. Die Haut konnte das Zusatzgewicht nicht mehr aushalten und ich bekam mehr und mehr Dehnungsstreifen und zwar dunkelviolette, zum Gruseln fürchterliche Narben. Das Kind war offensichtlich schon zu lange da drin und machte keine Anstalten rauszukommen. Die zweitägig stattfindenden Untersuchungen sagten mir immer wieder das Gleiche: das Kind fühlt sich pudelwohl, Versorgung ist top, Herztöne so wie sie sein sollen (auch wenn er meistens schläft) und es ist genügend Fruchtwasser vorhanden. Nichts spricht dafür, dass man ihn langsam mit Gewalt rausholen muss. Auch mir ging es körperlich hervorragend, waren wir doch erst letztes Wochenende noch auf einer Hochzeit. Dort war ich noch guter Dinge, gerade mal 5 Tage über den Termin, war jedoch noch die Ruhe in Person. Alle bewunderten mich für mein entspanntes Auftreten, jeder hat groß und klein geschaut, als wir sogar noch Jive- und Samba-tanzend über den Dancefloor schwebten. Applaus gab es und Anerkennung.
Wenige Tage später begaben wir uns auf die Suche nach einem neuen Sofa in ein Möbelhaus. Dort bekam ich plötzlich dermaßen starke Probleme beim Gehen, dass wir das Geschäft eilig wieder verließen und nach Hause fuhren. Es handelte sich um eine Symphysenlockerung, die in der Schwangerschaft gerne mal auftreten kann. Der Schmerz strahlt vom Schambein bis in den Oberschenkel aus und macht jeden Schritt zur Qual. Wie ein Roboter-Quasimodo bewegte ich mich den Rest des Tages fort, bis ich mich erschöpft ins Bett fallen ließ. Dort wurde mir schmerzlich klar, dass es im Liegen nicht besser wurde, verschlimmerte sich das Ganze doch durchs Umdrehen auf die andere Seite im Liegen. So sollte es also zum Ende hin doch noch eine Quälerei werden? Gute Versorgung des Kindes hin oder her, meine Frauenärztin gab mir sicherheitshalber eine Überweisung ins Krankenhaus mit, Stichwort "Einleitung". Falls ich mich nicht weiter herumquälen wollte, könnte ich so jederzeit selbst entscheiden, es zu "beenden". Die Schmerzen wurden am nächsten Tag besser oder hatte ich mich nur daran gewöhnt? Woran ich mich auf jeden Fall gewöhnen musste, war der Gedanke an eine nahende Einleitung. Die Hoffnung, dass er noch von alleine kommen würde, hatte ich mittlerweile (Woche 41+2) komplett aufgegeben. Ich hielt es eher noch für wahrscheinlicher, dass eine der Hebammentipps anschlagen würde. Belächelt hatte ich diese bisher. Mir wurde die Woche zuvor Zimtkonsum und Bewegung ans Herz gelegt. Vielleicht etwas überheblich antwortete ich, dass mein tägliches Frühstück bereits unabhängig von der Schwangerschaft aus Porridge mit Leinsamen und einer ordentlichen Portion Zimt bestand und ich immer noch Keaira La Shae-Workouts auf YouTube machte und ach ja, hatten wir schon erwähnt, dass wir auf einer Hochzeit Tanzen gehen? Andere Tipps, wie den Hebammencocktail, wollte ich nicht beherzigen. Da verzichtet man Monate lang auf Alkohol, um das Kind nicht zu gefährden und soll sich dann Sekt oder Schnaps zusammen mit Rizinusöl hinter die Binde kippen? Sicher gut für eine träge Verdauung, aber das kann doch nicht deren Ernst sein. Der nächste Tipp, man solle ein warmes Bad nehmen, hat mich auch nicht besonders begeistert. Ich bade zwar gerne, aber gegen Ende der Schwangerschaft wurde dies mit manchmal mehr oder weniger starken Hämorrhoiden mehr und mehr zur Qual. Dennoch war ich mittlerweile schon so hibbelig, dass ich auch diese natürliche Art der Wehenanregung nicht unversucht lassen wollte. Natürlich ohne Erfolg. Das Kind kommt, wann es kommen will und nicht weil man sich an mittelalterlich anmutende Hausrezepte von Hebammen hält. Ein weiterer Klassiker ist ja der Himbeerblättertee. Diesen hab ich mir nicht extra gekauft, jedoch bin ich sowieso schon jahrelang begeisterter Teetrinker und habe meinen Teekonsum (speziell an Kräuter- und Früchtetees mit Zimt, natürlich keinen bösen Schwarztee) nochmal zusätzlich erhöht. Letztendlich brachte dies aber alles nichts. Für mich waren diese Hausmittelchen allesamt Humbug und hätte ich vielleicht nur ein bisschen daran geglaubt, hätte eines davon bei mir gewirkt und die Wehen sogar ausgelöst. Daran glaube ich nämlich tatsächlich, dass vieles eine Kopfsache ist und ich wie bei Globuli und dem Heiligen Geist nur ganz fest an die Wirkung glauben müsste, um das entsprechende Ergebnis zu erzielen. Ach ja, Globuli. Die wurden uns natürlich auch empfohlen. Das ging mir dann aber doch entschieden zu weit.
Nun saß ich jedenfalls da, am Vorabend des Krankenhausaufenthalts. Diesen letzten Tag sollte er noch eine Chance haben, um von selber zu kommen. Wie's dann weiterging, ist in meinem Geburtsbericht einsehbar.

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